Czarnietzki kann nicht ohne Natur. Und die Natur kann nicht ohne Czarnietzki. Diesen Eindruck erhält ein Zuhörer im Gespräch mit dem  Head-Greenkeeper des Golfclubs Maria Bildhausen. Sieben fleißige Bienchen hegen und pflegen zwei Golfplätze. Czarnietzki hat den Hut auf. Der Naturfreund ist absoluter Experte in seinem Ressort. Doch er schaut auch gerne über den Tellerrand hinaus. Deshalb sind ihm die Eigenschaften eines Fußballplatzes nicht fremd. Welcher Kicker würde nicht gerne auf einem „Golfteppich“ spielen? Doch es gibt gravierende Unterschiede. Allerdings auch erstaunliche Parallelen.

Im Golfer-Latein heißt es „Abschlag“, in der Fußball-Fachsprache „Abstoß“. In beiden Fällen bringen die Protagonisten den Ball mit Schwung ins Spiel. An dieser Stelle verrät Czarnietzki eine weitere Parallele: „Der Untergrund am Abschlag (Tee) ist mit dem eines Fußballplatzes vergleichbar. Er muss strapazierfähig sein. So wie die Kicker die Grasnarbe leicht aufschürfen, so ist auch der Rasen vor einem Golfschläger in Gefahr. Der Fachmann spricht von ‚Sharefestigkeit‘.“ Fußball-Bayernligist TSV Aubstadt erkundigte sich bei dem Golfrasen-Experten nach einer passenden Düngung  für deren Sportplatz. Der 43-Jährige empfahl dieselbe Sorte, mit welcher die Bereiche der Abschläge auf den Golfbahnen gedüngt werden.

Im weiteren Verlauf nach dem Abschlag bis zum Loch gehen Golfrasen und Fußballplatz teilweise getrennte Wege. Das „Fareway“ nimmt die mit Abstand größte Fläche einer Golfbahn ein. Bis auf Ausnahmen sollte diese Annäherungsstrecke an das Loch immer möglichst kurz geschoren sein. Deshalb ist die folgende Aussage des Greenkeepers gut nachvollziehbar: „Mindestens achtzig Prozent unserer Arbeit nehmen Mäharbeiten ein.“

Das Herzstück jeder Golfbahn ist das „Grün“. Auf diesem befindet sich das Loch als Objekt der Begierde. „Unregelmäßigkeiten beim Lauf des Balles würde an dieser Stelle kein Golfer verzeihen. Aus diesem Grund benötigt dieser Sektor einen ganz besonderen Aufbau und Pflege,” verrät der Profi. „Das ‚Putting-Green‘ ist zu hundert Prozent auf Sand aufgebaut. Zudem sind Oberflächenhärte und Trockenheit erstes Gebot. Nur darüber ist eine Ballrolldistanztreue gewährleistet“, ergänzt Czarnietzki. Das finale Grün kommt einem Teppich gleich. Jedem Fußballer läuft das Wasser im Mund zusammen, wenn er diesen weichen Untergrund betritt. Warum also nicht Fußballplätze nach demselben Strickmuster anlegen? „Wir sprechen beim Grün von feinen Gräsern mit Ausläufern. Daher entsteht ein natürlicher Teppich. Die Schnitthöhe bewegt sich von 3,5 bis 4,5 Millimetern. In Verbindung mit der Besandung im Untergrund würde der Rasen keiner Grätsche standhalten“, prophezeit der Fachmann.

Viele weitere Aufgaben der Golfrasenpfleger sind mit denen von Fußballplatz-Greenkeepern vergleichbar: Vertikutieren, Aerifizieren sowie leichte Besandungen zum Verdichten. Um den Rasen atmungsaktiver zu machen bedienen sich die Experten Schlitzsporen mit kleinen Stacheln von etwa einem Zentimeter. Dadurch wird die unterirdische Luftzufuhr erreicht.

Czarnietzki stellt die Arbeit in und mit der Natur bei seinem Beruf in den Vordergrund. Allerdings erreichte er seinen Lebenstraum erst über Umwege. Zunächst verdiente sich der zweifache Familienvater als Bankkaufmann seine Sporen. Sein Hobby „Golfen“ öffnete ihm weitere Türen. Zunächst siedelte er hauptberuflich in die Verwaltung des Golfclubs Maria Bildhausen um. Im nächsten Schritt kehrte er dem Büro den Rücken. Er lernte einen Greenkeeper kennen und absolvierte die „Golfrasenpflege-Karriereleiter“. Er legte die Ausbildung zum „Fachagrarwirt Greenkeeper“ erfolgreich ab. Der „Head-Greenkeeper“ mit Diplom schloss sich an. Als Chef der Anlage ist er nun seit zehn Jahren in Amt und Würden. Neben der theoretischen Ausbildung sammelte er im Ausland wertvolle Praxiserfahrungen. Die Koordination des siebenköpfigen Personals sowie die Verantwortung für alle Düngungen zählen zu Czarnietzkis Hauptaufgaben.

Der Golfclub Maria Bildhausen verfügt wie viele anderen Anlagen über eine „18-Loch-Bahn“. Auf dieser dürfen ausschließlich Mitglieder den Schläger schwingen. Zusätzlich bietet das Unternehmen etwas ganz Besonderes an: Eine „6-Loch-Bahn“ für Amateure. Hier kann jeder zu einem erschwinglichen Preis seine Golf-Begabung testen. Ebenso auf einer Übungsstrecke nur für Abschläge. Ein Grün zum Ausprobieren der Nahdistanz rundet das Angebot ab. Genau über diesen Weg kam Czarnietzki zu seinem Traumberuf.

Foto (oben): Frank Czarnietzki