Es schlug ein wie eine Bombe: Die EU sagt Mikroplastik den Kampf an. Soweit so gut. Allerdings kommen nun die Kunstrasenplätze in Verruf und auf den Prüfstand. Stein des Anstoßes ist das Granulat, welches das künstliche Grün bedeckt. Praktisch für die Fußballer, Gift für die Natur?

Eine Studie des Fraunhofer-Instituts stellte jüngst unmissverständlich fest: Das Granulat auf Kunstrasenfeldern stellt in Deutschland die drittgrößte Quelle für Mikroplastik dar. Circa 11.000 Tonnen Mikroplastik muss die Umwelt damit verarbeiten. Zum Vergleich: Die Kosmetikbranche verursacht nur etwa ein Siebtel davon. Die Konsequenzen sind noch nicht abzusehen. Allerdings schlägt das Thema hohe Wellen. Vereine befürchten hohe Nachrüstungskosten bis hin zur Sperrung ihrer Kunstrasenfelder. Wir bringen Sie auf den aktuellen Stand.

Die momentane Sachlage nach den verheerenden Forschungsergebnissen des Fraunhofer Instituts ähnelt der des Klimaschutzes. Es ist wohl unbestritten, dass eine Veränderung herbeigeführt werden muss. Wie diese am langen Ende ausschauen könnte, steht in den Sternen. Natürlich stoßen verschiedene Interessen aufeinander. Granulat ist nun mal umweltschädlich und ruft Naturschützer auf den Plan. Allerdings wäre es eine Farce, wenn Vereine von heute auf morgen ihre Spielfelder sperren müssten. Aus diesem Grund stellt die EU-Kommission klar, dass sie von einem grundsätzlichen Verbot zunächst absehen möchte. Dies ist auch im Interesse des Deutschen Fußball Bundes, der eine Art Bestandsschutz für die Vereine erreichen möchte. Zwei Fragen bleiben dabei zunächst offen. Wie müssen sich Klubs verhalten, die sich in Kürze einen Kunstrasenplatz anschaffen wollten? Müssen Vereine mit einem derartigen Untergrund in Kürze umrüsten?

Der frühere Nationalspieler Michael Rummenigge ist Geschäftsführer eines Unternehmens für Kunstrasen-Minispielfeldbau. Der Experte könne sich in Zukunft vorstellen, dass Granulat durch das umweltschonende Kork ersetzt wird. Weitere Alternativen sind Sand oder Mischrasen. Natürlich würde jede Variante einen hohen Aufwand für die Vereine bedeuten. Klaus Conrad bringt es als Sportleiter der TG Höchberg auf den Punkt. Für bestehende Plätze müsse es eine Übergangslösung geben. Eine sofortige Sperrung hätte katastrophale Auswirkungen.

An der Umweltbelastung des Gummigranulats zweifelt offensichtlich keiner. Allerdings melden Befürworter der Kunstrasenplätze erhebliche Zweifel an der Fraunhofer-Studie an. Zwischen 3.500 und 5.000 Felder seien in Deutschland mit den Kautschuk-Kügelchen überzogen. Die Forschungsergebnisse gehen von zwölf Kilogramm pro Quadratmeter aus. Richtig wären allerdings nur fünf. Die allerneueste Generation käme mit 1,7 Kilogramm aus. Weiterer Kritikpunkt ist der Wert der Gesamtbelastung von 11.000 Tonnen. Natürlich erreiche das Granulat durch Wind, Regen sowie Haften an Kleidung und Schuhen die Umwelt. Allerdings sei die Belastung zehn Mal so niedrig als die Studienergebnisse behaupten. Daraufhin räumt das Fraunhofer-Institut ein, ein Stück weit mit Schätzungen gearbeitet zu haben.

Etwa 450 Kunstrasenplätze bauen bundesdeutsche Vereine jährlich. Die nächste Stufe der Forschungsergebnisse erwarten die betroffenen Klubs mit Spannung. Sicherlich werden davon auch Restriktionen abhängen. Das Fraunhofer-Institut kündigte Resultate aus Folge-Untersuchungen bereits im August 2019 an.

Foto oben: Florian Geiger